Digitale Ausstellung

Die Digitalisierung hat alle Bereiche unseres Lebens stark verändert und vielfältige neue Möglichkeiten erschaffen. Sie verbindet Menschen und Dinge über große Distanzen und erleichtert die Zugänglichkeit zu Informationen und Wissen. Kunst und Kultur profitieren von dieser Entwicklung in großem Maße. Digitale Gestaltungstechniken ermöglichen die Präsentation anderweitig nur schwer umsetzbarer Rekonstruktionen und Simulationen, vom einzelnen Objekt bis hin zu ganzen Landschaft. Interaktive Formate eröffnen dynamische Zugänge und Wissen und Informationen und ein spielerisches Entdecken und Lernen für alle Generationen und Personengruppen. Internetformate gewährleisten einen Zugang zur Ausstellung von der ganzen Welt aus, ungeachtet aller reisetechnischen, organisatorischen und sonstigen Einschränkungen.

Auf einen Blick

Digitaler Ausstellungsraum zu Assoziatoren.
Der Raum, alle Einrichtungsgegenstände und die Ausstellungsstücke sind digital modelliert.

Digitale Medien und Virtualität im Museum

Digitale Medien im Museum sind keine Neuerung der letzten Jahre. Schon lange informieren Audio-Guides und Bildschirme über wichtige Informationen, präsentieren Filme, Audio-Aufnahmen, digitale Rekonstruktionen und Simulationen und viele weitere Inhalte. Die Neuerungen virtueller Technologien bereichern diese Anwendungsformen um eine zentrale Komponente: Die Möglichkeit einer immersiven, realitätsnahen und sinnlichen Erfahrung digitaler Inhalte aus dem Bereich von Kunst und Kultur. Sie ermöglichen ein Eintauchen in eine Kulturlandschaft, eine Interaktion mit und ein spielerischen Kennenlernen und Erkunden von Objekten, Räumen und Landschaften. Sie bringen nicht nur neue und innovative Technologien in die Museumslandschaft, sondern begegnen Menschen in einem beliebten Freizeitbereich und eröffnen die Museumswelt damit neuen Besuchergruppen. Die Digitalisierung und Virtualisierung von Kunst und Kulturgut ist kein Selbstzweck; sie dient den Menschen und der Kunst und Kultur gleichermaßen.

Digitalität kann im Museum in unterschiedlichen Graden präsent sein. Informationsmedien wie Audioguides, Bildschirme und QR-Codes, über die zusätzliche Informationen und Dateien zugänglich gemacht werden, ergänzen das analoge Ausstellungskonzept und binden die BesucherInnen interaktiv in die Ausstellung ein. Einen Schritt weiter gehen digitale Ausstellungen, die entweder parallel zu analogen Ausstellungen oder als alleinige Präsentationsform konzipiert werden. In ihnen werden alle Ausstellungsinhalte digital präsentiert: Informationen, (Digitalisate der) Ausstellungsstücke, Interaktionsmodule etc. Digitale Ausstellungen können Konzepte der analogen Ausstellung aufgreifen, sich aber auch von ihnen lösen und neue Vermittlungs- und Interaktionsstrategien nutzen. Kombiniert man beide Ansätze, lässt sich das Spektrum der Besuchergruppen verbreitern und neue Zielgruppen können an das Museum angebunden werden.

Der 'Digital-Guide' als universeller Begleiter in und nach der Ausstellung

Die Einbindung digitaler Medien in eine analoge Ausstellung kann über mehrere Kanäle erfolgen und verschiedene Inhalte umfassen. Mehrere Studien der letzten Jahre legen nahe, dass gedruckte Texte in Ausstellungen nur wenig rezipiert werden. Durch die Barriere des 'Lesen-Müssens' können dem/der BesucherIn wichtige Informationen verloren gehen - Informationen, die durch gesprochene Sprache über Lautsprecher oder Kopfhörer für viele Menschen angenehmer vermittelt werden können.
Graphiken, Bilder, Videos, 3D-Modelle und digitale Rekonstruktionen und Simulationen lassen sich teils durch zwei- und/oder dreidimensionale Drucke oder auf Bildschirmen präsentieren. Letztere können entweder in der Ausstellung angebracht werden oder dem/der BesucherIn als mobiler Begleiter zur Verfügung stehen.

Digitale Graphik- und Audio-Formate als Ergäzung zu einer analogen Ausstellung lassen sich sehr gut zu einem Digital-Guide kombinieren, der alle zusätzlichen und ergänzenden Informationen, Präsentationsformate und Angebote gebündelt enthält und vermittelt. So können BesucherInnen während und/oder vor und nach dem Ausstellungsbesuch zentrale Inhalte abrufen und (erneut) betrachten. Der Digital-Guide ergänzt die Ausstellung nicht nur, er dehnt sie zeitlich und räumlich über die Grenzen der Museumsräumlichkeiten und Öffnungszeiten hinaus aus.
Präsentiert werden kann er beispielsweise als Download über Internet-Plattformen, über QR-Codes in den Ausstellungsräumen oder über entleihbare Tablets, die die BesucherInnen beim Besuch der Ausstellung wie die klassischen Audio-Guides mit sich führen können. Die Inhalte können entweder sukzessive (durch Freischalten bzw. Laden mehrerer QR-Codes) oder als Gesamtdatei zur Verfügung gestellt werden. So kann jede/r BesucherIn seine/ihre eigene Geschwindigkeit und Informationsdichte wählen. Durch die Gestaltung mehrerer Komplexitäts- und Informationsdichte-Ebenen lässt sich das Angebot an unterschiedliche Besuchergruppen anpassen.

Spielerisch entdecken: Die virtuelle Ausstellung als interaktive Erfahrung

Digitale Ausstellungen sollten die analoge Ausstellung, die sie ergänzen, nicht 1:1 virtuell nachbilden, sondern ihrer eigenen Konzeption folgen, auch wenn sie die gleichen Inhalte präsentieren. Bedingt durch ihre technische Einbettung und Nutzungsvarianten stehen digitalen Ausstellungen andere Konzeptions- und Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung als analogen Ausstellungen, durch die Inhalte anders aufgearbeitet und präsentiert und alternative Besuchergruppen angesprochen werden können. Geschickt kombiniert vermitteln digitale und analoge Ausstellungen unterschiedliche Aspekte auf verschiedene Weise und vertiefen damit gemeinsam als Komplementärpartner die Kommunikation zwischen AusstellungsmacherIn und AusstellungsbesucherIn.

Wichtige Impulse für die Konzeption digitaler Ausstellungen und insbesondere ihrer Vermittlungsstrategien können aus der Gaming-Programmierung übernommen werden. Die stark interaktive Komponente digitaler Spiele bindet die BesucherInnen auf eine alternative Weise an die Ausstellungsinhalte an, die in der analogen Ausstellung aufgrund berechtiger konservatorischer Bedenken nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich wären. Durch kleine Rätsel, Aufgaben, Entdeckungssuchen und ähnliche Konzepte lässt sich das Interesse an den vermittelten Inhalten steigern und der Ausstellungsbesuch abwechslungsreich gestalten und Neugier und Interesse steigern. Sich automatisch oder auf Wunsch öffnende Informationsfelder mit gedruckten und gleichzeitig gesprochenen Botschaften vermitteln zusätzliche Inhalte. Forschungsverfahren, Rekonstruktionen und Simulationen lassen sich durch kleine Erlebnissequenzen interaktiv erfahren und erlernen, durch ein Mitwirken an der digitalen Durchführung der Methode.

Stilisierte Werkstatt zur Präsentation des Nachbau-Verfahrens historischer Hammerflügel (Grundausstattung)
DiAuViS-Showroom: Seitenraum

Digitale Museen und Ausstellungen im Internet

Durch die Verbreitung des Internets ist unsere Welt zusammengewachsen. Menschen aus allen Ländern, aus allen Städten und Orten können jederzeit auf alle im Internet bereitsgestellten Inhalte zugreifen - auch auf eine digitale Ausstellung, die alleinstehend oder als Ergänzung zu einer analogen Ausstellung im Internet präsentiert wird. Der Museumsbesuch wird orts- und zeitunabhängig; Barrieren werden aufgehoben. Die Ausstellung erreicht neue Besuchergruppen und ihre Reichweite wird vergrößert.

Online-Auftritte digitaler Ausstellungen können verschiedene Formen annehmen. Objekte und Informationen über sie können in Form einer Online-Datenbank präsentiert werden. Photographien und/oder 3D-Modelle der Objekte werden durch intuitiv zugängliche Informationen (beispielsweise nach dem Dublin Core Standard) ergänzt und können jederzeit von Interessierten jeglichen Hintergrunds (vom Laien bis zum/r ForscherIn) abgerufen werden. Bei dieser Form des Online-Auftritts steht die Information im Vordergrund und wird nicht durch eine (vielleicht zu stark ausgeprägte) Interaktivität in den Hintergrund gedrängt.

Einen anderen Weg schlagen online zugängliche virtuelle Rundgänge ein. Durch sie können sich Online-BesucherInnen entweder Schritt für Schritt auf festgelegten Routen oder komplett individuell durch die digitalen Räumlichkeiten bewegen und sie erkunden. Letztere können wahlweise wie die realen Ausstellungsräume konzipiert sein, oder ein eigenes räumliches Konzept beinhalten. Auf Wunsch lässt sich der interkative Charakter des Online-Ausstellungsbesuchs erhöhen, sodass dieser (beinahe oder vollständig) einem Online-Spiel gleicht.

Virtuelle Welten im Museum: XR-Anwendungen

Die Fortschritte der VR-Technologie ermöglichen es uns, Kulturgüter, Museumsräume und alle denkbaren realen oder simulierten Welten in einer alternativen, virtuellen Realität zu erleben, in der einige Einschränkungen der realen Welt aufgehoben sind. Digitalisate von Kulturgütern, die den BesucherInnen im realen Leben aus konservatorischen Gründen entzogen werden, können im virtuellen Raum frei bewegt, manipuliert und in Interaktionen eingesetzt werden, ohne Beschädigungen zu befürchten. Raumstimmungen lassen sich einfangen und multisensoriell erleben. Der digiale Ausstellungsbesuch wird zu einem sinnlichen Erlebnis in einer anderen Welt.

VR / XR-Angebote können, wie alle Digitalangebote, analoge Ausstellungen ergänzen, beispielsweise indem sie zusätzliche digitale Inhalte wie Rekonstruktionen und Simulationen in den Ausstellungsräumen erlebbar machen, oder die BesucherInnen in historische Räumlichkeiten versetzen. Oder sie präsentieren den NutzerInnen als alleiniges Angebot eine vollständig digitale Ausstellung, deren räumliche Anbindung sich entweder auf einen fest installierten Nutzungsraum der VR-Installation beschränkt, oder sogar auf eigene analoge Räumlichkeiten verzichten kann, da die NutzerInnen die digitale Ausstellung von jedem beliebigen Ort aus besuchen können. Grenzen und Barrieren werden aufgehoben; die Ausstellung erreicht das Alltagsleben ihrer BesucherInnen.

Auch XR-Ausstellungen können online zugänglich gemacht werden. Das Metaverse als offene virtuelle Welt bietet das Erwerben von Baugrund zur Errichtung eines eigenen virtuellen Gebäudes an. Auf diesem Baugrund kann beispielsweise ein virtuelles Museum errichtet werden, in dem digitales Kulturgut mit oder ohne Eintrittspreis (gewerblich oder gemeinnützig) besichtigt werden kann. Ein virtuelles Museum im Metaversum wendet sich an eine spezifische Besuchergruppe: NutzerInnen von VR-Brillen zu Unterhaltungszwecken, die sich in ihrer Freizeit oder aus beruflichen Gründen im Metaversum bewegen. Fehlen das benötigte Equipment und eine Teilnahme an der App, kann das dort errichtete virtuelle Museum nicht besucht werden - topographische Schranken werden durch technologische Schranken ersetzt. Allerdings verzeichnet das Metaversum eine starke Zunahme an Nutzerzahlen und damit ein breites Zielpublikum, durch das auch neue Nutzergruppen erschlossen werden können.

Museologische Konzeption digitaler Ausstellungen

Jede Ausstellung verfolgt einen bestimmten Zweck und ist auf ein bestimmtes Zielpublikum ausgerichtet. Beide können eher eng gesteckt sein oder ein breites Spektrum an Varianten bzw. Personengruppen umfassen. Für eine optimale Umsetzung einer digitalen Ausstellung ist es entscheidend, dass sowohl ihre Ausrichtung als auch ihr Zielpublikum in ihre Konzeption eingebunden und angemessen berücksichtigt werden. Eine zu exzessive Einbindung von Elementen und Steuerungskonzepten aus der Gaming-Welt kann ein kulturbegeistertes Zielpublikum mit geringer Computernutzung vor Zugangsschwierigkeiten stellen; ein Gaming-begeisteres Publikum wird dagegen bestimmte Möglichkeiten und Konzepte bei der Interaktion mit dem digitalen Medium erwarten. Hier gilt es, wie auch bei Aspekten wie der genutzten Sprache, der Informationsdichte, der Anordnung und Einbindung interaktiver Elemente und vieler weiteren Aspekte, einen Kompromiss zu finden, der allen Gruppen des Zielpublikums gerecht wird, oder mehrere Varianten zur Auswahl nebeneinander zu stellen.

Digitale Ausstellungen unterscheiden sich in einigen Aspekten von analogen Ausstellungen, in anderen weisen sie hingegen große Ähnlichkeiten zu ihnen auf. Daher kann bei der Konzeption digitaler Ausstellungen auf die Erfahrungen und Konzepte der anhand analoger Ausstellungen entwickelten Museologie zurückgegriffen werden. Die dort formulierten Ansätze können übernommen, adaptiert und durch neue Erfahrungen und Ideen mit spezieller Ausrichtung auf die digitale Welt bereichert werden. NutzerInnen-Evaluationen liefern weitere wichtige Aufschlüsse über Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Trends in der Konzeption digitaler und virtueller Ausstellungen.