Die Durchführung eines Projekts lässt sich als Reise zwischen zwei Orten beschreiben. Ihr Weg führt von einer Ausgangssituation zu einem erstrebten Ziel, das zu Beginn in weiter Ferne liegt und als mehr oder weniger konkrete Vorstellung existiert. Auf dem Weg zu dieser Zielsituation werden einige Dinge vom Ausgangsort mitgenommen, einige bleiben erhalten, werden verändert, gehen verloren oder werden willentlich zurückgelassen. Andere kommen auf dem Weg neu hinzu. Manchmal ändert sich das Ziel durch diese Veränderungen - doch der Weg bleibt weiterhin bestehen.
Projektmanagement bietet die Hilfsmittel, die zum Beschreiten dieses Wegs notwendig sind. Seine Konzepte und Methoden unterstützen bei Planung, Organisation und Koordination und tragen massiv zum Gelingen des Unternehmens bei. Möglich ist dies nur, wenn die konkreten, spezifischen Bedürfnisse des individuellen Projekts und seiner Beteiligten jederzeit im Mittelpunkt stehen. Projektmanagement ist eine dynamische Unterstützung, kein kanonisches Regelwerk.
Bevor der Weg der Projektdurchführung beschritten werden kann, müssen seine Fixpunkte und Rahmenbedingungen analysiert und festgelegt werden. Wird der Entschluss gefasst, ein Projekt durchzuführen, geschieht dies zumeist mit einer mehr oder weniger präzisen Vorstellung darüber, warum das Projekt in dieser Form angegangen werden sollte. Es lassen sich zwei unterschiedliche Formen der Motivation zur Projektdurchführung fassen: ein bestimmtes Ziel (beispielsweise die Untersuchung eines neu gefundenen Heiligtums) und ein zu füllendes Defizit ohne eindeutig vorformuliertes Ziel (zum Beispiel die Vernachlässigung von Klanganalysen antiker Klangkörper). Im ersten Fall ist das Projekt darauf ausgerichtet, ein definiertes Ziel zu erreichen, in unserem Beispiel etwa die Vorlegung einer Grundlagenpublikation zu dem angesprochenen Heiligtum. Im zweiten Fall ist das Ergebnis deutlich offener gehalten. Das Projekt dient dazu, ein vernachlässigtes Themenfeld zu untersuchen. Es kann in einer ähnlichen Grundlagenpublikation resultieren; genauso kann es aber zu einer Neuformulierung einer deutlichen konkreteren Frage (und damit einem Übergang zum ersten Projekttyp) oder einer Ausstellung, Teilpublikation oder der Anfertigung einer Onlinepräsentation führen. Die Resultate sind nicht vorformuliert, sondern ergeben sich während des Beschreiten des Weges.
Diese beiden unterschiedlichen Ausrichtungen von Projekten bringen verschiedene Herausforderungen für die Planung der Projektdurchführung mit sich. Ist das Projekt von Beginn an auf ein konkretes Ziel ausgerichtet, gilt es im ersten Schritt, dieses Ziel möglichst genau und detailliert zu definieren. Diese Definition bildet die Grundlage für die Wahl der Mittel, Vorgehensweisen, Teamgestaltung und aller weiteren Faktoren der Projektplanung. Ist das Ziel zu Beginn der Projektdurchführung nicht präzise definierbar, gilt es, eine ungefähre Richtung festzulegen, mit der die Projektarbeit beginnt. Im Anschluss werden in regelmäßigen kurzen Abständen Zwischenstandsanalysen durchgeführt, deren Ziel die Herausarbeitung eines präzisen Ziels im Sinn von Typ 1 ist. Auf der Basis dieses Ziels können die folgenden Schritte erarbeitet und durchgeführt werden.
Ist das Ziel eines Projekts definiert, gilt es, die Rahmenbedingungen und Mittel zu bestimmen, die für das Erreichen dieses Ziels zur Verfügung stehen. Die konkrete Ausgangssituation am Beginn des Weges der Projektdurchführung muss detailliert analysiert und dokumentiert werden. Berücksichtigt werden unter Anderem die finanziellen Mittel, Personalkapazitäten, räumliche Gegebenheiten, zur Verfügung stehende Infrastruktur, vorhandene und zu beschaffende Sachmittel (Literatur, Gerätschaften etc.) und die administrativen Rahmenbedingungen. Einer der zentralen Faktoren ist zudem der Entwurf einer realistischen Zeitplanung, gegebenenfalls unter Offenlegung potentieller Risikofakoren für Verzögerungen.
Situationsanalysen können und sollten sowohl bei Beginn eines Projekts als auch zu verschiedenen Zeitpunkten während seiner Planung und Umsetzung durchgeführt werden. Die erste Situationsanalyse am Beginn der Planungsphase enthält oft nur wenige Angaben über konkrete Projektmittel und beschränkt sich auf die allgemein vor Ort vorhandenen Rahmenbedingungen. Zwischenstandsanalysen der Projektdurchführung enthaltenen zusätzlich spezifische projektgebundene Ressourcen, Mittel und Infrastrukturen, die klar von den allgemeinen Rahmenbedingungen abzugrenzen sind. Bei beiden Gruppen gilt es, die Verfügbarkeit der Mittel detailliert zu erfassen. Darf die allgemeine lokale Infrastruktur in vollem Umfang zur Projektarbeit genutzt werden? Gibt es administrative oder organisatorische Einschränkungen? Welche AnsprechpartnerInnen stehen vor Ort zu Verfügung? Lassen sich projektspezifische Sonderkonditionen aushandeln? An welche Bedingungen ist der Zugriff auf projektspezifische Mittel gebunden? Werden alle Anforderungen eingehalten und die MIttel optimal genutzt?
Jede Situationsanalyse endet mit einem Zwischenstandsprotokoll, das eine präzise und detaillierte Darlegung der vorhandenen, bereits genutzten und benötigten Mittel beinhaltet. Der in den nächsten Projektphasen zu erwartende Bedarf an Sach-, Personal- und Geldmitteln wird umrissen; eine möglichst präzise Kalkulation der Finanzplanung bildet die Grundlage für eine eventuelle Suche nach FördererInnen. Der Zeitbedarf für diese Suche wird in den Zeitablauf und die Personalaufteilung der Projektplanung integriert.
Basierend auf den Resultaten der Ziel- und Situationsanalysen wird ein Planungskonzept zur Umsetzung des Projekts erstellt. Wichtige Impulse liefern Konzepte wie das für die Software-Entwicklung erarbeitete Scrum. Das Gesamtprojekt wird in mehrere Phasen unterteilt, die realistisch in kurzen Zeitabschnitten (einige Wochen bis zu wenigen Monaten) erreicht werden können. Herausgegriffen wird zunächst die Phase, die zeitnah und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln am besten und sinnvollsten umgesetzt werden kann. Bestimmen äußere Zwänge die Fokussierung auf einen anderen Projektbereich, werden Lösungsstrategien für seine Umsetzbarkeit entwickelt. Die Ziele der aktuellen Projektphase werden so formuliert, dass sie realistisch umgesetzt werden können. Die Anforderungen sollten weder zu hoch noch zu niedrig sein.
Die Aufgaben der aktuellen Projektphase werden auf die Teammitglieder verteilt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Kompetenzen, Leistungsfähigkeit und Teameinbindung jedes Teammitglieds bestmöglich berücksichtigt wird. Subteams, deren Zusammenarbeit sich bewährt hat, bleiben erhalten. Thematische und methodische Spezialisierungen einzelner Teammitglieder werden aufgegriffen und die Aufgaben entsprechend zugeteilt. Die jeweilige Arbeitszeit und das Leistungspotential jedes Teammitglieds wird individuell in die Zeitplanung integriert. Drucksituationen und Unterforderung werden vermieden.
Während der Durchführung der Projektphase wird jedem Teammitglied die Verantwortung für den ihm/ihr zugeteilten Bereich übertragen. Bei teaminternen Kooperationen werden kurze, dezentralisierte Wege eingehalten. Tägliche Kurzmeetings mit einer Länge von maximal 15 Minuten informieren das gesamte Team über den Stand jedes Teilbereichs und geben Aufschluss über eventuelle Schwierigkeiten.
Nach Abschluss jeder Projektphase folgen ein Review und eine Situationsanalyse als Grundlage für die folgenden Projektphasen.
Teamarbeit beschränkt sich nicht auf die Zuteilung von Aufgaben und die Organisation der Kommunikationswege. Von entscheidender Bedeutung ist der Zusammenhalt innerhalb des Teams und eine Einbindung der Teammitglieder als Individuen. Entpersonalisierungen, Generalisierungen, individuelle Über- oder Unterforderung sind zu vermeiden. Vorschläge von Teammitgliedern sollten berücksichtigt und diskutiert werden. Bedenken sollten angehört und abgewogen werden.
In größeren Teams treffen üblicherweise mehrere Persönlichkeitstypen aufeinander. Jeder dieser Persönlichkeitstypen beinhaltet Schwächen, aber auch Stärken, die für das Team genutzt werden können und sollten. So ist es Aufgabe der Führungskraft und jedes Teammitglieds, seine/ihre Mitarbeiter kennenzulernen, auf sie einzugehen, ihnen zuzuhören und sie zu fördern. Schwächen sollten durch Unterstützung kompensiert, Stärken weiter gefördert werden. Eine offene, warme Atmosphäre befördert das schnelle Beilegen eventueller Konflikte zur allseitigen Zufriedenheit. Jedes Teammitglied ist ein menschliches Individuum.
Der menschliche Zusammenhalt des Teams kann durch verschiedene Faktoren gefördert werden. Neben gegenseitigem Respekt und Zuhören fördern kleine Gesten, regelmäßige gemeinsame Veranstaltungen und informelle Treffen und gemeinsame Fort- und Weiterbildungen den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit. Eigeninitiative wird genauso gefördert wie ein gemeinsames Herangehen.
Einer der wichtigsten Faktoren für eine gelungene Zusammenarbeit ist das Etablieren geeigneter Kommunikationsstrukturen auf Makro- und Mikroebene. Nur so gelingt eine reibungslose Zusammenarbeit und eventuell auftretende Probleme können schnell und effizient gelöst werden.
Kommunikation in einem Team spielt sich auf mehreren Ebenen ab. Zum einen begegnen uns institutionalisierte, geplante Kommunikationsformen wie Meetings und Kurzbesprechungen; auf der anderen Seite steht die alltägliche Kommunikation von der schnellen Frage bis hin zum personenbezogenen Zwischenstandsbericht. Beide Varianten sollten bei der Projektdurchführung sorgfältig bedacht und organisiert werden.
Institutionalisierte Kommunikationsformen wie Besprechungen leiden häufig an einer fehlenden Stringenz. Ursprünglich für eine halbe Stunde geplant, ziehen sie sich über meherere Stunden und beinhalten eine Mischung aus themenrelevanten Informationen und informellen oder themenfremden Gesprächen. Zwar können spannende Aspekte aus der alltäglichen Arbeit durchaus zum Projekt beitragen, jedoch führt das 'Ausarten' von Gesprächen zur Blockade wichtiger Arbeitszeit und Konzentrationsfähigkeit des gesamten Teams. Besprechungen sollten daher von einem Moderator geleitet werden, der/die das Einhalten festgesetzter Rede- und Informationszeiten und der inhaltlich vorgegebenen Rahmen kontrolliert und das Gespräch bei Bedarf freundlich, aber bestimmt, zum Thema der Besprechung zurückführt. Allen Beteiligten ist klar, dass die festgesetzte Besprechungszeit nicht überschritten wird. Kommen neue, ebenfalls relevante Themen auf, werden sie festgehalten und in einem neu angesetzten Besprechungstermin separat und mit voller Konzentration auf dieses Theme behandelt.
Die alltägliche Kommunikation kann synchron oder asynchron ablaufen. Bei der synchronen Kommunikation erwartet ein Gesprächspartner eine sofortige Reaktion seines Gegenüber. Typische Formen sind das Ansprechen von KollegInnen am Schreibtisch und der Griff zum Telefon. Die asynchrone Kommunikation erlaubt eine verzögerte Reaktion des angesprochenen Gesprächspartners. Der/Die KommunikationsinitiatorIn wartet nicht auf eine Reaktion seines/ihres Gegenübers, sondern geht anderen Tätigkeiten nach, bis die angefragte Antwort eintrifft. So laufen mehrere Tätigkeitsbereiche quasi parallel. Typische Formen sind Anfragen per Email und das Hinterlassen von Botschaften auf den Schreibtischen der KollegInnen. Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Die synchrone Kommunikation gewährleistet, dass der/die Anfragende seine Arbeit an dem kommunizierten Thema sofort fortsetzen kann. Der Themenbereich wird schnell und effizient erledigt. Allerdings wird der/die Antwortende aus der Konzentration gerissen. Verschiedene Studien bezeugen den teilweise sehr langen Zeitbedarf, der benötigt wird, bis ein Konzentrationslevel nach einer Störung wieder erreicht wird. Bei der asynchronen Kommunikation werden Störungen vermieden. Alle MitarbeiterInnen können ihre Konzentrationsphasen aufrecht erhalten und begonnene Aufgaben am Stück erledigen - sofern sie nicht auf Informationen von KollegInnen angewiesen sind. Tritt dieser Fall ein, muss eine begonnene Tätigkeit auf Halde gelegt werden, bis die benötigte Antwort eingetroffen ist. Die MitarbeiterInnen müssen unter Umständen mehrere Tätigkeitsbereiche nebeneinander bearbeiten; einzelne Bereiche haben eine längere Bearbeitungszeit.
Welche Kommunikaionsform gewählt wird, kann und sollte nicht allgemein entschieden werden. Je nach Situation kann eine asynchrone oder eine synchrone Kommunikationskultur besser geeignet sein. Eine Mischung beider Konzepte kann der alltäglichen Arbeit sehr gut gerecht werden, wenn sie von allen Beteiligten verantwortungsvoll umgesetzt wird. Es gilt, alle Teammitglieder für die Risiken und Chancen zu sensibilisieren und Kommunikation zum Kommunikationsthema zu machen.
Eine optimale Organisation der Projektstruktur und eine gute Teamkultur sind wichtige Stützen für das Gelingen von Projekten - ausreichend hierfür sind sie jedoch nicht. Der Schlüssel zum Gelingen von Vorhaben liegt nicht in den Außenumständen, sondern in uns selbst. Als Führungskraft, MitarbeiterIn und UnterstützerIn sehen wir und mit vielfältigen, komplexen und einfachen, wichtigen und unwichtigen, schnellen und langwierigen Aufgaben konfrontiert, die zumeist nicht geordnet und nacheinander an uns herantreten, sondern gleichzeitig anfallen und alle einen Anspruch auf höchste Priorität erheben. Es ist an uns, Wege durch diesen Dschungel zu finden und unsere Vorgehensweise zu strukturieren.
Selbstmanagement wird häufig als "Fähigkeit und Kompetenz, die eigene berufliche und persönliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Umständen und Einflüssen zu gestalten", beschrieben. Dieser Ansatz tritt den Kern des Problems nur bedingt. Es gilt, Aufgaben mit seinem Umfeld zu bewältigen und in der Welt selbst zu wachsen. JedeR von uns ist ein Teil seiner Umwelt, und formt sich und wächst in der Auseinandersetzung mit ihr. Selbstmanagement bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen sich selbst und den Außeneinflüssen zu finden und dieses Gleichgewicht zur optimalen Erledigung von Aufgaben und zur persönlichen Weiterentwicklung zu nutzen - als Basis und Ziel gleichermaßen.
Den Abschluss jeder Projektphase und jedes Projekts bildet ein Review, in dem die vorangegangene Phase bzw. das Gesamtprojekt rückwirkend analysiert, überdacht und kritisch betrachtet wird. Stärken und Schwächen in allen Bereichen werden herausgearbeitet und auf ihrer Basis das geplante Vorgehen für die nächsten Projekt(phase)n überarbeitet. Gegebenenfalls werden Zwischenziele, Projektphasen oder unter Umständen die Projektausrichtung an die veränderten Umstände angepasst. Berücksichtigt werden sowohl die Situationsanalysen zu Beginn des Projekts bzw. der Projektphase als auch der veränderte Wissens- und Kenntnisstand nach Abschluss der jeweiligen Phase.
Der Review erfolgt auf mehreren Ebenen. Er umfasst sowohl das Gesamtprojekt als Organisationsstruktur, als auch das Team als Kollektiv als auch jedeN EinzelneN im Rahmen einer Selbstreflexion. Eventuelle Kritik wird sachlich, fair und einfühlsam formuliert und erfolgt konstruktiv. Jede/m Teammitglied wird Raum zur persönlichen Reflexion und für persönliche Gespräche eingeräumt.